1. Folge: Michel Friedman
Shownotes
Ausstellung – „Im Angesicht des Todes“ (01.11.2024-06.07.2025), Jüdisches Museum Frankfurt: https://www.juedischesmuseum.de/besuch/detail/im-angesicht-des-todes/
Willkommen zur ersten Folge unseres Podcasts „Auf Simches!“ zur Ausstellung „Im Angesicht des Todes“ im Jüdischen Museum Frankfurt. Zum Auftakt unterhält sich Moderatorin Shelly Kupferberg mit Prof. Dr. Michel Friedman über seine Erinnerungen an ein Leben im Schatten der Schoa und den transgenerationalen Einfluss, den Verlust und Gedenken auf seine Identität haben.
Aufgewachsen in der unmittelbaren Nähe eines Friedhofs – nach der Auslöschung der meisten seiner Familienmitglieder während des Holocaust auch durchaus im übertragenen Sinne zu verstehen - lernte Michel Friedman früh, dass der Tod ein ständiger Begleiter des Lebens ist. In seinem Elternhaus, in dem Trauer und Trauma allgegenwärtig waren, schwebten die Schatten und der Horror über seinem Alltag.
Trotz – oder wegen – der bedrückenden Präsenz des Todes wurde seine Geburt als Quell des Lebens gewertet – ein Lichtblick, der seinen Eltern Hoffnung schenkte. Diese paradoxe Erfahrung, zwischen Trauer und Leben zu oszillieren, prägte Friedman nachhaltig. Die Gründung seiner eigenen Familie wurde so zum symbolischen Bruch mit einer Vergangenheit, die von Überlebensschuld und ständiger Todespräsenz geprägt war.
Friedman unterscheidet klar zwischen der Angst vor dem Tod und der Furcht vor dem Sterben – dem schmerzlichen, oft qualvollen Prozess des Abschieds. Er ist überzeugt, dass jeder Mensch das Recht haben sollte, sein Leben eigenverantwortlich und selbstbestimmt zu beenden. In traditionellen jüdischen Trauerritualen wie der Schiwa, sieht er einen wertvollen Ansatz, um den Verlust gemeinschaftlich und auf individueller Ebene zu verarbeiten. Für ihn ist der Tod nicht ein fernes, abstraktes Konzept, sondern eine Realität, die das Leben durchdringt und uns immer wieder vor die Herausforderung stellt, den Wert des Lebens zu erkennen.
Buch – Michel Friedman, Fremd, Piper-Verlag 2022: https://www.piper.de/buecher/fremd-isbn-978-3-8270-1461-0 Zeitschrift – Aufbau (Hg. Michel Friedman) - Das jüdische Monatsmagazin: https://www.aufbau.eu/ Film – 2001: Odyssee im Weltraum, 1968, Stanley Kubrick (Regie): https://www.imdb.com/de/title/tt0062622/ Institution – Zentrum für Europa-Studien / Center for Applied European Studies (CAES): https://www.frankfurt-university.de/de/hochschule/zentren-und-institute/caes/
Begriffserklärungen: Schoa: https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/das-junge-politik-lexikon/320492/holocaust-schoa/ Meschigge/meschugge: https://www.dwds.de/wb/meschugge Überlebensschuld: https://www.dnb.de/DE/Kulturell/DEAVermittlung/DigitaleDrehtuer/content/3infoboxMaier_info.html Schiwa: https://www.juedische-allgemeine.de/glossar/schiwa/ Leib-Seele-Problem: https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/leib-seele-problem/8687
Redaktion: Sara Soussan, Mirjam Wenzel; Moderation: Shelly Kupferberg; Projektkoordination: Dennis Eiler; Produktion, Sound Design und musikalische Bearbeitung (nach „Tragedy“ von Bee Gees, 1979): Antonia Beeskow; Aufnahme: Audio Berlin Audiotainment, Feinton Studio Frankfurt; Medienpartner: Arte, Journal Frankfurt, Jüdische Allgemeine; Gefördert durch die Art Mentor Foundation Lucerne und die FAZIT-Stiftung
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